In einem Gastbeitrag in der Ludwigsburger Kreiszeitung habe ich mich am 12. Juli zum Wolfsgruß geäußert:
Gastbeitrag
Wolfsgruß – zwischen Provokation und Populismus
Der Ludwigsburger SPD-Bundestagsabgeordnete Macit Karaahmetoğlu sieht das deutsch-türkische Verhältnis durch die Wolfsgruß-Debatte belastet. Von zwei Seiten, wie er in seinem Gastbeitrag schreibt.
Der Traum vom deutsch-türkischen Finale in Berlin ist ausgeträumt. Unter großem Kampf sind der Gastgeber als auch die gefühlte zweite Heimnation Türkei bei der Fußball-EM ausgeschieden. Noch viel schmerzhafter als diese Niederlagen wirkt aber der Streit der vergangenen Tage um die Jubelgeste des türkischen Nationalspielers Merih Demiral nach.
Für die deutschen Medien ist der „Wolfsgruß“ vor allem Erkennungszeichen der rechtsextremen „Grauen Wölfe“, die den Hass auf Kurden und Aleviten kultivieren, von einem großtürkischen Reich träumen und mit der ultranationalistischen Partei MHP ein politisches Sprachrohr besitzen.
Was fast komplett ausgeblendet wird: Dieser Gruß hat geschichtliche und mythologische Wurzeln, die selbst führende linke Politiker der Türkei dazu veranlassen, ihn mitunter zu nutzen.
Der politische Schlagabtausch der vergangenen Tage war hitzig und selten differenziert. Für mich ist völlig klar: Wer den Wolfsgruß zur Provokation macht, schadet der deutsch-türkischen Freundschaft!
Er schadet ihr genau wie all jene, welche die Debatte um Demirals Geste nutzen, um populistisch Stimmungen zu schüren. Das gilt für Erdogan, der Deutschland direkt Fremdenfeindlichkeit vorwirft, es gilt aber auch für die CDU, die pauschal über Deutsch-Türken und ihre Integration urteilt.
Dabei werden ganz konkrete Erfolge der gesellschaftlichen Integration überdeckt, auf die kürzlich eine Studie der OECD hinwies: in Deutschland seien, mit Blick auf die Eingewanderten, die Unterschiede in den Lebensbedingungen vergleichsweise klein, der Erwerbstätigenanteil hoch und die Sprachkenntnisse gut. Das den Deutsch-Türken pauschal abzuerkennen, empfinde ich als boshaft.
Die großen Verlierer dieser Debatte sind wieder einmal die deutsch-türkischen Beziehungen, aber auch Spieler und Fans, für die ein tolles Turnier ein trauriges Ende nimmt. Die Fußball-EM war bisher nämlich ein voller Erfolg. Gastfreundliche Fans verbreiteten auf den Fanmeilen eine weltoffene Atmosphäre und feierten friedlich zusammen mit Menschen ganz unterschiedlicher Kulturen und Nationalitäten.
Die Botschaft dieser EM sollte die Fröhlichkeit sein. Wäre dieses wunderbare Turnier ein Organismus, es wäre das Herz, nicht die Galle. Leider hat in den vergangenen Tagen dieses Herz einen Stich versetzt bekommen.
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